Nate Fox – ein Publikumsliebling im GIANTS-Trikot
Einmal Leverkusen und zurück
Es muss irgendwann im Herbst 2002 gewesen sein, als der damalige Headcoach der BAYER GIANTS, Heimo Förster, einen interessanten Spieler auf dem Markt entdeckt hat. Die „Riesen vom Rhein“ wollten unbedingt in die Playoffs und suchten nach einem Importspieler, der dem Kader zusätzliche Stabilität verleihen sollte. Die Wahl fiel auf einen athletischen US-Amerikaner, der seine Sneakers zuvor in der ersten Liga Portugals schnürte. Nicht gerade die Liga, mit der man hochkarätigen Basketball verbindet, doch dieser Spieler mit dem Namen Nate Fox machte Eindruck auf Förster: „Eines Tages hat mich Thomas Deuster (Anm. d. Red.: Manager der Giants von 2000 bis 2005) angesprochen und mir ein Video von Nate gezeigt. Ich habe Düse sofort gesagt: „Gib dem Jungen ein Ticket und bring ihn nach Leverkusen.“
Gesagt getan – Nate kam sofort ins Rheinland. Nachdem Fox seinen Einstand in der Vorbereitung beim Domreiter-Cup in Bamberg gegeben hatte war klar, dass die Verbindung GIANTS-Fox passt: „Der hat da Pässe für einen Big-Man gespielt, die schier unmöglich waren. Mich hat das eher an einen Quarterback erinnert, als an einen Power Forward, der Basketball spielt“, schmunzelt Förster.
BAYER gelang es, die Playoffs 2003 zu erreichen. Im Viertelfinale schied man denkbar knapp mit 2:3 gegen die Baskets aus Bonn aus. In der Zwischenzeit entwickelte sich eine Romanze zwischen dem 14-maligen Deutschen Meister inklusive dessen Fans mit einem Power Forward, der etwas ganz Besonderes war…
Doch das Kapitel endete zunächst im Sommer 2003. Beide Seiten konnten sich nicht über eine weitere Zusammenarbeit einigen. Fox tingelte einmal mehr durch Europa, spielte u.a. in Israel, Belgien und den Niederlanden, bevor im Frühjahr 2005 erneut das Telefon bei Fox klingelte. An der anderen Leitung war einmal mehr Heimo Förster: „Die Saison war für uns leider frühzeitig gelaufen, wir steckten im Niemandsland der Tabelle fest. Als dann Sven Schultze und Denis Wucherer im Frühling 2005 nach Italien gingen, benötigten wir dringend jemanden, der die Truppe zusammenhält. Es war unser Glück, das Nate zu diesem Zeitpunkt keinen Arbeitgeber hatte.“ Am Ende landeten die „Riesen vom Rhein“ auf Rang 13.
Leistungsträger, Mannschaftskapitän und Favorit der BAYER-Fans
Auch nach der zugegebenermaßen eher mäßigen Spielzeit 2004/05 hielt Fox den GIANTS die Treue. Der neue Cheftrainer Achim Kuczmann baute um den US-Amerikaner seine Mannschaft auf. Ein Selbstläufer, auch für den damaligen Manager der „Giganten“, Otto Reintjes: „Die Verhandlungen mit Nate waren immer entspannt. Er hatte keinen Agenten, hat sich stets selber vertreten und wusste daher am besten, was er benötigt. Das spiegelt sich auch in seinem Charakter wieder. Fox war immer unkompliziert und der Umgang mit ihm war einfach. Das wussten wir alle sehr an ihm zu schätzen.“
Für die Leverkusener war die Saison 2005/06 keine Einfache. Der Rekordmeister schwebte lange in akuter Abstiegsgefahr und brauchte eine Weile, um in der BBL zurück auf die Erfolgsspur zu finden. Doch am Ende reichte ein unglaublicher „BAYER-Run“ von sieben Siegen in Serie, um nicht nur den Klassenerhalt zu schaffen, sondern auch um an den Playoffrängen zu kratzen. Es war auch der Verdienst von Nate Fox, der im Durchschnitt 15,2 Punkte und 9,6 Rebounds pro Partie erzielte: „Nate hat uns mitgetragen und unserem Spiel das ganze Jahr über wichtige Akzente verliehen“, wird Kuczmann im Kölner Stadt-Anzeiger 2006 zitiert. „Ihm haben wir es hauptsächlich zu verdanken, dass wir am Ende überhaupt noch Teil des Playoffrennens in der BBL waren.“
Die Verantwortlichen der GIANTS machten in der Sommerpause 2006/07 gleich Nägel mit Köpfen und verlängerten den Vertrag mit Fox. Dieser war nun in Leverkusen praktisch Zuhause und unter Trainer Kuczmann weiterhin Kapitän einer in dieser Saison sehr ambitionierten Mannschaft. So verstärkte man sich u.a. mit BBL-Topscorer Derrick Allen und der „wandelnden Highlighttape“-Maschine Jared Newson, der zuvor knapp den Sprung in die NBA verpasste. Und siehe da: Die Leverkusener waren deutlich stärker als noch im Vorjahr.
Man erreichte als Tabellensiebter die Playoffs gegen die überraschend stark aufspielenden Ludwigsburger um deren Führungsspieler Jerry Green. Im Viertelfinale hatte BAYER allerdings keine Chance und unterlag mit 1:3. Für Fox lief die Saison statistisch gesehen schlechter als das Jahr zuvor (9,2 Punkte pro Spiel), doch der US-Amerikaner erhielt auf dem Parkett deutlich mehr Unterstützung als im Vorjahr: „Nate ist ein Spieler gewesen, den du immer in deiner Mannschaft haben wolltest“, so Hansi Gnad, der damals als Co-Trainer in Leverkusen tätig war. „Er war mannschaftsdienlich, war für einen großen Spieler sehr beweglich und konnte auch von außerhalb der Dreipunktelinie eine gewisse Gefahr ausstrahlen. Dazu seine Finesse und das dazugehörige Auftreten. Fox hat jedes Team besser gemacht.“
Schicksalssaison 2007/08
2007/08 sollte dann so etwas wie ein Schicksalsjahr werden – nicht nur für Nate Fox, sondern auch die BAYER GIANTS. Der Vierer blieb in Leverkusen und Coach Kuczmann / Manager Reintjes bauten die komplette Mannschaft notgedrungen um. Leistungsträger wie Brandon Woudstra oder Derrick Allen verließen den Klub, aber Fox verlängerte: „Ich fühle mich in dieser Stadt wohl, die Fans sind super und die gesamte Organisation arbeitet hochprofessionell. Wieso sollte ich mich dann einem anderen Verein anschließen?“ erzählte Fox im August 2007 im Interview auf der Vereinshomepage. „Wir können schließlich noch viel gemeinsam erreichen!“
Er sollte Recht behalten, denn die GIANTS waren das Team der damaligen Saison. Die Leverkusener gewannen gegen alle Spitzenteams der Liga und gewannen beispielsweise nach vielen Jahren endlich wieder bei ALBA Berlin. „The Sky is the Limit“ war das Motto, aber dann änderte sich alles auf einen Schlag…
Die Bayer AG gab bereits im Sommer zuvor den finanziellen Rückzug aus dem Profisportbereich bekannt und so musste Manager Otto Reintjes nicht nur ein Auge auf seine Mannschaft, sondern vor allem auf einen neuen Sponsor werfen – ein Drahtseilakt.
Doch die Farbenstädter ließen sich nicht beeindrucken, standen lange Zeit an der Tabellenspitze der Hauptrunde. Im April 2008 fanden sämtliche Meisterschaftsträume ein Ende. Nate Fox wurde bei einer Dopingkontrolle positiv auf THC (Cannabis) getestet. Hansi Gnad erinnert sich: „Natürlich gehört auch das zu seinem Leben. Ich bin mir zu 95 Prozent sicher, dass uns in der Saison 2007/08 der ganze große Coup gelungen wäre. Das habe ich damals einfach nicht verstanden, dass Nate als Mannschaftskapitän so leichtfertig gehandelt hat. Es ist im Nachhinein einfach schade, weil der Titelgewinn möglich war.“ Reintjes pflichtet dem Europameister von 1993 bei: „Der Cannabis-Konsum von Fox war unverantwortlich, so offen und ehrlich muss man es formulieren. Wir haben einen starken Kader gehabt, der super performt hat. Die Abstimmung zwischen den Mannschaftsteilen war fein justiert. Der positive Test und die damit verbundene Sperre von Nate hat uns den Boden unter den Füßen weggezogen.“
Für den Amerikaner war die Saison 2007/08 beendet. Nachdem auch noch Eric Taylor des THC-Konsums überführt wurde, gelang den GIANTS der Turnaround in Sachen Meisterschaft nicht mehr. In einer hochemotionalen Viertelfinalserie gegen die Skyliners aus Frankfurt schied man mit 2:3 aus: „Ich war als Experte und Co-Kommentator in der Rundsporthalle und konnte nach Spielende nichts mehr sagen“, berichtet Denis Wucherer. „Es war einfach ein trauriger Moment. Eine gesamte Ära des deutschen Spitzenbasketballs fand ein jähes Ende!“
Ein sinnloser Tod
Fox tingelte nach seiner Sperre quer durch Europa, aber es gelang ihm noch einige Trophäen abzuräumen. So konnte er in Estland im Trikot von BC Kalev das „Double“ aus Meisterschaft und Pokal feiern, in Belgien gewann er zum Abschluss seiner Karriere mit Aalstar den nationalen Cupwettbewerb. Ein zwischenzeitliches Gastspiel in Braunschweig endete nach kurzer Zeit als Missverständnis. Im Sommer 2012 hing Nate seine Basketballschuhe nach insgesamt 11 Jahren an den berühmt berüchtigten Nagel.
In der Folge ging es für Fox zurück in die USA. Er ließ sich in Bloomingdale, Illinois nieder. 2014 geriet er dann aufgrund eines tragischen Vorfalls in die deutschen Schlagzeilen:
Am 22. Dezember 2014 kam Nate nach der Arbeit gegen 21:30 Uhr nach Hause. Als er aus dem Auto ausstieg, wurde Fox aus dem Hinterhalt von einem Mann erschossen. Eine Kugel traf ihn in die Schulter. Eine Verletzung, von der sich der Leverkusener Publikumsliebling nicht mehr erholte und im Krankenhaus verstarb.
Die Polizei suchte daraufhin fieberhaft den Mörder des damals 37-Jährigen. Knapp drei Wochen nach der Tat wurde der Täter, der Geschäftsführer eines IT-Unternehmens, ermittelt. Der Mörder wurde mit Abschluss des Prozesses zu insgesamt 70 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Was bleibt?
Noch heute sorgt diese sinnlose Tat bei allen Personen die Fox kennen für ungläubiges Kopfschütteln: „Als ich die Nachricht gelesen habe, war ich natürlich unfassbar schockiert. Es zeigt einfach, wie schnell das Leben vorbei sein kann“, blickt Hansi Gnad zurück. „Es legt aber auch grundlegend die Missstände in den USA offen, was das dort geltende Waffengesetz angeht. Das ist Gott sei Dank hier in Europa anders. Zurückbleibt die Trauer, welche alle Beteiligten empfinden.“
Heimo Förster gibt sich ebenfalls nachdenklich: „Nate war einer der coolsten Typen, die ich in meinem Leben kennengelernt habe. Sein Tod war ein großer Verlust für die Leverkusener Basketballfamilie. Es beweist einmal mehr die verrückten Zustände in den Vereinigten Staaten. Mir tut es leid, vor allem auch für seine Verwandten und Freunde.“ Otto Reintjes nickt zustimmend, als er die Zitate von Gnad und Förster hört: „Damit ist eigentlich alles gesagt. Als Mensch habe ich Nate sehr geschätzt, seine spielerischen Qualitäten sind ohne Zweifel unbestritten. Die Nachricht war ein Tiefschlag für uns alle.“
Nach Nates Tod gründeten Freunde von Fox, u.a. sind auch die Ex-GIANTS Brant Bailey und Eric Taylor Teil des Projektes, den „Nate Fox Scholarship Fund“. Bei Golfturnieren spenden Teilnehmer Geld um finanzschwachen Familien den Zugang per Stipendium an eine Universität zu ermöglichen. Ein ehrenwertes Projekt, welches bei Nate sicherlich großen Anklang gefunden hätte…
Christopher Kwiotek (CK)